Herr Raeth, erzählen Sie uns einige Worte zu sich und dem Ballonsportler Andreas Raeth.
Ich bin 54 Jahre alt, verheiratet. Wir haben zwei erwachsene Kinder und ich arbeite als Servicetechniker für Flurförderzeuge. Ich bin seit 37 Jahren in der freiwilligen Feuerwehr Grefrath Löschgruppe Mülhausen tätig. 2005 habe ich mit der Ausbildung zum Ballonpiloten begonnen und 2007 die Prüfung bestanden. 2013 machte ich eine Scheinerweiterung auf Gasballone.
Wie und wann sind Sie zum Ballonfahren gekommen?
Wir haben häufig mit den Kindern Ballone verfolgt. Oft war es Gerhard Rosenau mit dem Krefelder „Rhenania Ballon“. Er suchte zu diesem Zeitpunkt zufällig einen Verfolger und so wurde ich Teil des Teams. Nach einigen Verfolgungen durfte ich auch mitfahren. Die Technik hat mich begeistert und fasziniert. Ich wurde Mitglied beim „Aero Klub Düsseldorf“, „Abteilung Freiballon“, und begann dort meine Pilotenausbildung.
Erzählen Sie uns von Ihrer ersten Ballonfahrt und davon wie Sie sich dabei fühlten.
Spontan war noch ein Platz im Ballon frei. Zwar musste ich dafür nach Leverkusen fahren aber es war überwältigend, nicht nur wie bei den Verfolgungen den Ballon mit aufzubauen, sondern ich durfte mit abheben. Zu Beginn hatte ich schon ein wenig Angst. Es war traumhaft zu erleben, dass mit dem Brenner erzeugte warme Luft den Ballon am Himmel hält und sich auf diese Weise sehr präzise auf und ab bewegen lässt. Die Aussicht und das ruhige gleiten durch die Luft war unbeschreiblich. Nach dieser Fahrt war ich mir sicher. Das wollte ich auch können. Nach der ersten Fahrt wurde ich auch getauft. Seither heiße ich in Ballonkreisen „Graf Andreas, der mutig in den Leverkusener Himmel aufgestiegene Ballonist, sich wechselnden Winden anvertrauend schwebend über das bergische Land mit der anschließenden Landung in der Bullenwiese“.
Warum heißt es Ballonfahren und nicht Ballonfliegen?
Ballone waren früher die ersten Luftfahrzeuge in der Luft. Durch das sanfte Schweben glitten sie wie Schiffe statt im Wasser in der Luft. So fuhren die Schiffe im Wassermeer und die Ballone im Luftmeer.
Welche verschiedenen Arten und Stile des Ballonfahrens gibt es?
Es gibt die Heißluftballone und die Gasballone, es gibt auch noch Luftschiffe mit Gas oder heißer Luft.
Was ist der Unterschied zwischen einem Heißluft- und einem Gasballon?
Der Heißluftballon wird mit heißer Luft geheizt, Abkühlung oder entweichen der warmen Luft lässt ihn sinken. Der Gasballon wird mit Wasserstoff gefüllt und Sand wird zum Steigen abgeworfen um zu sinken wird Gas abgelassen.
Stimmt es, dass es eine Ballonfahrertaufe gibt und was bedeutet dies?
Den Überlieferungen zu Folge dürfen nur Adelige Ballon fahren, darum werden Mitfahrer nach der ersten Fahrt sofort in den Adelsstand mit allen Rechten und Pflichten getauft. Mehr möchte ich hier nicht verraten. Gehen Sie mal zu einer Landung hin und schauen es sich an. Oder fahrt doch einfach mal mit.
Kann jeder Ballonpilot werden und welche Grundlagen muss man sich aneignen, um einen Ballonfahrerschein zu machen?
Im Grunde kann sich jeder zum Ballonpiloten ausbilden lassen. Es gibt aber gewisse Voraussetzungen, um eine Genehmigung zum Erwerb der Pilotenlizenz von der Bezirksregierung zu erhalten. Ein Medical (Gesundheitscheck den jeder Pilot haben muss), ist sehr wichtig. 16 Fahrten, 20 Landungen und 10 Aufrüstungen sowie eine theoretische Prüfung und eine Prüfungsfahrt sind Pflicht.
Wie hoch und wie weit kann ein Ballon mit Passagieren fahren?
Die Höhe ist mit 2500 Metern ohne eine Genehmigung der Luftaufsicht gedeckelt. Es gibt Luftkarten die weitere Rechte einschränken. Vor 2 Jahren wurde ein Höhenrekord über Viersen mit über 7000 Metern in einer Solofahrt gemacht. Die Länge ergibt sich aus dem Gasvorrat, in der Regel ca 1-1,5 Std.
Welchen Einfluss haben Windverhältnisse und Thermik auf eine Ballonfahrt?
Thermik wird beim Ballon fahren gerne gemieden, weil ein unkontrolliertes Steigen oder Fallen schlecht zu kontrollieren ist. Darum sind Ballone nur morgens oder abends vor Sonnenuntergang unterwegs. Der Wind gibt die Richtung und die Geschwindigkeit an. Oft sind Winde in verschiedenen Höhen unterschiedlich und damit kann der Pilot die Richtung ändern.
Gibt es besondere Regeln für den Ballonverkehr?
Ebenso wie im Straßenverkehr gibt es auch in der Luftfahrt Regeln. Darüber hinaus erscheinen jährlich neue Luftfahrtkarten. Diese sind für jeden Piloten verpflichtend.
Ein Ballon hat kein Lenkrad. Wie schaffen Sie es, präzise einen Landeort zu finden?
Man kann ein Landegelände nicht vorhersagen. Wie ich bereits erwähnte, hängt ein Ballonflug von vielen Faktoren ab. Den Landeort bestimmt letztendlich der Pilot spontan. Deshalb kann es auch abenteuerlich werden, ein geeignetes Landegelände zu finden.
Aus welchem Material besteht eine Ballonhülle?
Das Material der Ballonhülle besteht aus einem speziell angefertigten Ballonstoff aus reißfestem Nylongewebe, das mit Polyurethan beschichtet ist. Damit ist sie luftundurchlässig und schützt gegen UV-Strahlung. Das tragende Gerippe der Hülle bilden Lastbänder mit einer hohen Reißfestigkeit. Diese sind vertikal und horizontal angeordnet. Diese horizontalen Bänder werden auch „Riss-Stopper“ genannt und sollen im Fall eines Risses ein Durchreißen des Stoffes über das Band hinaus verhindern.
Benötigen Sie eine bestimmte Ausrüstung oder Equipment für eine Ballonfahrt?
Im Grunde wären für eine Ballonfahrt die Hülle, der Korb und
ein Brenner mit den dazugehörigen Gasflaschen ausreichend. Allerdings sollte eine gewisse technische Ausrüstung, wie beispielsweise ein Funkgerät und ein Variometer mit GPS an Bord sein.
Gibt es einen bestimmten Ballonfahrergruß?
Ballonfahrer grüßen sich mit dem Spruch: „Glück ab und gut Land“.
Erzählen Sie uns von Ihren weitesten Ballonfahrten.
Wenn ich jetzt ausführlich berichte, würde das sicherlich den Rahmen des Interviews sprengen. Meine weiteste Fahrt war recht abenteuerlich. Unsere Reise mit einem Gasballon begann mitten in der Nacht in Düsseldorf. Nach 19 Stunden Fahrt erreichten wir Lille in Frankreich.
Was war Ihr schönstes Erlebnis als Ballonfahrer?
Mein schönstes Erlebnis als Ballonfahrer, war eine Fahrt mit meiner Frau Alexa und meiner Familie. Wir hatten optimales Wetter, genossen das ruhige Gleiten und freuten uns über die wunderbare Aussicht. Es war gleichzeitig auch die erste Fahrt mit unserer Tochter, die noch eine Kiste benötigte, um über den Rand des Korbes zu schauen.
Konnten Sie in Zeiten der Corona-Krise ihr Hobby ausüben und wie ist es Ihnen während der Pandemie ergangen?
Corona hat uns am Boden gehalten. Den Ballon mit nur einer weiteren Person aufbauen ist fast unmöglich. Da macht es auch keinen Spaß mehr.
Erzählen Sie dem Leser eine kuriose oder lustige Geschichte von ihren Ballonfahrten.
Bei einem Heiratsantrag sollte ich auf einem Banner landen, auf dem stand: „Möchtest Du mich heiraten?“ Zuvor war abgesprochen, dass die Freunde es kurz vor der Landung ausbreiten und wir genau dort landen. Allerdings ist die Verfolgung eines Ballons am Boden nicht immer ganz einfach und das Banner maß nur vier mal vier Meter groß. Es kam wie es kommen musste. Die Freunde fanden den Landeort nicht rechtzeitig und natürlich war ich schon gelandet. Als ich sah, dass die Freunde ankamen, ließ ich das Paar im Korb wegen der angeblichen Gefahr, den Ballon etwas ausrichten zu müssen, in die Hocke gehen. Fluchs wurde das Banner ausgelegt und ich landete den Ballon punktgenau darauf. Übrigens hat die Braut „Ja“ gesagt.
Welche drei Dinge müssen mit auf die Insel?
Ich nehme meine Frau Alexa, einen Ballon und eine gute Flasche Sekt mit.
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