Jo im Talk mit Hennes Jöris, dem langjährigen Leiter des KK 1 in Mönchengladbach.

Hennes, du warst 15 Jahre Leiter des KK 11 beim PP Mönchengladbach. Viele Menschen kennen dich aus der Presse, weil du in Deiner Dienstzeit über 250 Morde mit deinem Team aufgeklärt hast. Würdest du dich bitte trotzdem dem Leser vorstellen?


Das mache ich gerne. Mein Name ist Hennes Jöris.
Offizieller Name ist Hans-Josef. Allerdings benutzte nur mein Vater diesen Namen.
Mittlerweile bin ich 74 Jahre alt.
1970 trat ich in die Polizei ein und machte meine Ausbildung in der Bereitschaftspolizei Linnich. 1972 wurde ich zur Polizei Mönchengladbach versetzt. Nach sieben Jahren bei der Schutzpolizei wechselte ich nach der zweiten Fachprüfung zur Kripo und kam sofort in das 1. Kommissariat. Insider sagen KK 1. In dieser Dienststelle bin ich bis zu meiner Pensionierung geblieben.
Ich bin mit meiner Frau Helga verheiratet. Wir haben das Glück, in diesem Jahr die goldene Hochzeit feiern zu dürfen. Aus unserer Ehe ging ein Sohn hervor.
Seit 14 Jahren genieße ich nun schon den Ruhestand.

Gab es ein Erfolgsrezept, eine solch große Anzahl von schweren Straftaten aufzuklären?

Aus meiner Sicht. Ja.
Du fragst dich sicherlich jetzt warum?
Bei dem Verdacht eines Tötungsdeliktes wird eine Mordkommission gegründet, die in der Regel aus einem Leiter, einem Aktenführer und Ermittlerteams besteht.
Alleine oder als Einzelgänger konnte man gar nichts ausrichten. Erfolge konnten nur aus einer Gruppe heraus erzielt werden.
Zu meiner Zeit konnte man sich die Kommissionsmitglieder, mit der man arbeitete, noch aussuchen. Es war quasi die Voraussetzung dafür, dass in dieser Gruppe nur Kollegen mit einer Top-Motivation waren.
Das Motto war in jedem Fall vorgegeben. Die Aufklärung eines Todesfalles.
Dazu gab es keine Steigerung. Es sei denn, du würdest mir jetzt eine benennen.
Nach meiner Einschätzung gehörte in eine solche Gruppe nur das beste Personal, die beste Ausstattung und sehr viel Geduld, Gelassenheit und Ausdauer.
Auf diese Weise haben wir es geschafft, sehr viele Straftaten aufzuklären.
Ich muss allerdings zugeben, dass immer auch Glück dazugehörte.

Wie sind Fernsehkrimis im Vergleich zur realen Polizeiarbeit zu bewerten?

(Hennes lächelt) Fernsehkrimis sind derzeit beim Publikum sehr beliebt. Hier stellt sich zunächst die Frage, wie realistisch sind diese Filme eigentlich?

Bei uns war es in jedem Fall so, dass wir kein Drehbuch hatten, sondern systematisch unsere Arbeit zu leisten hatten. Wie ich vorab schon betonte, kann auch ein Leiter einer Kommission alleine wenig ausrichten.
Zur damaligen Zeit und sicherlich auch heute noch steht der Leiter an der Spitze einer Mordkommission. Er benötigt die Zusammenarbeit mit seinem Aktenführer, den Ermittlerteams und den der Spurensicherung. Dazu kommt natürlich auch eine moderne Kriminaltechnik, die mittlerweile ein fester Bestandteil der Kriminalistik ist.
Die Beamten der Spurensicherung müssen hundertfünfzigprozentige Arbeit leisten.
Wenn sie den Tatort verlassen und gegebenenfalls etwas übersehen oder nicht gefunden haben, sind diese Beweismittel für immer verloren. Man kann sie nicht mehr zurückholen.
Die Position des Vernehmungsbeamten ist ebenfalls sehr wichtig. Diese Aufgabe habe ich in meiner Dienstzeit sehr oft übernommen, weil ich es auch gerne gemacht habe.
Zusammenfassend möchte ich damit ausdrücken, dass diese schweren Straftaten immer nur durch eine gut funktionierende Gruppe gelöst werden können.
Die Fernsehkommissare lösen ihre Fälle alleine oder mit ihrem Partner. Aber es dient auch nur der Unterhaltung und ist keine Realität.

Wenn man mit Deinen ehemaligen Kollegen redet, hört man nur lobende Worte und schaut in lachende Gesichter. Erkläre uns das.

Es ist natürlich schön, wenn die Kollegen jemanden in guter Erinnerung haben.
Ich habe während meiner Dienstzeit immer versucht, den Alltagsbetrieb so locker wie möglich zu gestalten.
Die Dinge, mit denen wir zu tun hatten, nämlich die Aufklärung von schweren Straftaten, waren viel zu ernst. Unser Geschäft war hier zumeist der Tod.
Von meinem Vorgänger in diesem Amt, habe ich das Motto übernommen „Ja mach mal!“. Diese Motivation für meine Kollegen habe ich bewahrt. „Mach` mal! Macht mal“!
Alle Freiheiten. Dieses Motto habe ich versucht, so oft wie möglich an die Kollegen weiterzugeben.
Ich denke, mit diesem Motto sind wir über die Jahre sehr gut gefahren. Ich habe den Beamten vertraut und bin nicht enttäuscht worden. Kein Anruf von mir wurde weggedrückt. Es hat sich auch niemand verleugnen lassen. Wenn ich die Kollegen brauchte, waren sie zur Stelle.
Das war ein wichtiger Aspekt für die Zusammenarbeit in der Gruppe. Aber auch für gute Kollegialität und Kameradschaft.

War es immer Dein Wunsch, den Polizeiberuf zu ergreifen?

Nein! Nach meinem Abitur hatte ich vor, Sport zu studieren.
Leider war ich in meiner Klasse der Einzige, der in der mündlichen Prüfung des Abiturs durchfiel. Ich wurde in der mündlichen Prüfung im Fach Latein geprüft und fiel leider durch. Mein Vater hat mich seinerzeit überredet, dieses Jahr zu wiederholen. Seiner Empfehlung bin ich auch gefolgt. Allerdings habe ich dieses Jahr nach drei Monaten abgebrochen. Der Grund war mein neuer Lateinlehrer. Er steigerte noch die Ansprüche und diese konnte ich leider nicht erfüllen.
Zur gleichen Zeit war der Sohn meines Onkels schon bei der Polizei.
Zu meinem Onkel hatte ich immer ein sehr gutes Verhältnis und er überzeugte mich von der Idee, den Polizeiberuf zu ergreifen.
Die Aufnahmeprüfung hatte ich bereits während meiner Schulzeit gemacht und diese auch bestanden. Also beschritt ich diesen Weg, den ich im Übrigen niemals bereut habe.

Kannst du dich an deinen ersten Fall als Ermittler erinnern?

Ja, und zwar sehr gut.
Ich kam 1977 vom Lehrgang der zweiten Fachprüfung zurück in die Behörde.
Ich hatte mich entschieden, zur Kriminalpolizei zu wechseln. Zur damaligen Zeit gab es die Verpflichtung, zunächst alle Kriminaldienststellen zu durchlaufen. Die letzte Dienststelle war das damalige erste Kommissariat.
In diesen Zeitraum fiel ein Mord an einem 13-jährigen Jungen in Willich an.
Es war meine erste Mordkommission, in der ich als Kriminalbeamter mitwirkte.
Ich habe dieses böse Verbrechen nie vergessen.
Wir wurden zu einem stillgelegten Bahnhofsgebäude in Willich gerufen, da dort die völlig verstümmelte Leiche eines als vermisst gemeldeten 12-jährigen Jungen gefunden wurde. Er war der Sohn eines britischen Besatzungssoldaten.
Es war eine grausame Tat. Der gesamte Körper des Kindes war verstümmelt. Die Bauchhöhle geöffnet, Beine aufgesäbelt, die Geschlechtsorgane abgetrennt und mitgenommen.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass alle an dieser Kommission beteiligten Kollegen sich schworen den Mörder zu überführen.
Obwohl die Ermittler jeden Stein umdrehten, blieb die Tat ungeklärt. Hinweise aus der Bevölkerung blieben aus und die Kommission wurde nach einigen Monaten eingestellt.
Das war für alle Beteiligten natürlich frustrierend.
Erst viele Jahre später, wurde die Straftat aufgeklärt. Wie sich dann herausstellte, war es die zweite Tat eines Serienmörders.

Kannst du uns spontan über einige deiner spektakulärsten Kriminalfälle berichten?

Mein spektakulärster Fall begann im Jahre 1984.
Wir wurden seinerzeit in die Rheinischen Kliniken Viersen gerufen, weil dort in einem Waldgelände außerhalb der Klinik von einem Jäger menschliche Überreste gefunden wurden. Es stellte sich schnell heraus, dass es sich um einen ehemaligen Patienten der Landesklinik handelte. Er hieß Willi F. und war in einer offenen Station untergebracht, wo es den Patienten möglich war, die Einrichtung jederzeit auf eigenen Wunsch zu verlassen.
Die Arbeit der Kommission gestaltete sich anfangs sehr schwierig, da keinerlei Ansätze für eine Straftat vorlagen. Aus den Unterlagen ging hervor, dass von den persönlichen Dingen des Mannes, die noch in der Klinik archiviert waren, lediglich eine Uhr fehlte.
Eine Pflegekraft erinnerte sich, dass ein Mitpatient, der Kurt S. hieß, seinerzeit davon gesprochen hatte, dass der Willi tot sei.
In der Klinik war man davon überzeugt, dass Willi F. sich selbst entlassen hatte. Umso mehr erstaunte uns die Aussage dieses Mitbewohners gegenüber der Pflegekraft. Woher sollte er das Wissen haben? Dies konnte außer dem Täter selbst niemand wissen.
Es stellte sich nun die Frage nach dem Aufenthaltsort von diesem Kurt S.
Schnell stellte sich heraus, dass er sich in einem Heim in der Eifel aufhielt.
Wir sind dann unverzüglich nach Simmerath in die Eifel gefahren, um Kurt S. mit zur Vernehmung nach Mönchengladbach zu nehmen.
Er erklärte sich auch bereit uns zu begleiten. Allerdings redete er in den Vernehmungen den ganzen Tag kein Wort.
Er gab auch zu, die Armbanduhr von Willi zu tragen, gab aber an, er hätte diese geschenkt bekommen. Außerdem sei er betrunken gewesen und könne sich an nichts mehr erinnern.
Nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft wurde Kurt S. festgenommen und verblieb im Gewahrsam.
Mein Teampartner und ich fuhren nochmals zur Kommission zurück und nahmen an der abendlichen Abschlussbesprechung teil. Auf dem Nachhauseweg schlug ich dem Kollegen vor, doch noch einmal am Gewahrsam vorbeizufahren, um nach Kurt S. zu sehen. Dort angekommen, erwartete uns der Gewahrsamsbeamte und sagte, es wäre gut, dass wir noch einmal vorbeischauen. Kurt säße in der Zelle und würde Rotz und Wasser heulen.
Ich bin dann zu ihm in die Zelle gegangen. Er saß auf dem Bett, hatte die Decke über den Kopf gezogen und jammerte.
Ich setzte mich neben ihn und fragte was los sei?
Schluchzend verlangte er seine Sachen, die in der Eifel zurückgelassen worden waren. Er verlangte, dass wir sofort zurückfahren und diese holen.
Ich versprach ihm, dass wir am nächsten Morgen zur Eifel fahren und diese Dinge für ihn holen.
Das beruhigte ihn offensichtlich. Ich fragte ihn nun, ob er was mit Willi F. zu tun hätte.
Kurt S. trug seinerzeit lange blonde, schulterlange Haare. Da er den Kopf nach vorn geneigt hatte, hingen ihm die Haare ins Gesicht. Auf meine Frage hob er langsam den Kopf, schaute mich an und nickte nur.
Er quengelte weiter und wollte seine Sachen haben. Ich versprach ihm dann nochmals, dass wir sie am nächsten Morgen als Erstes in der Eifel abholen.
Daraufhin guckt er mich an sagt: „Zu dem englischen Jungen, kann ich dir dann auch noch was sagen“.
Als ich das hörte gingen mir die Nackenhaare hoch und brach der Schweiß aus.
Am nächsten Tag fuhren wir die Sachen in der Eifel holen. Sie waren in einer kleinen
Holzkiste verstaut. Nichts Besonderes. Ein Taschenmesser und ein kleines Radio.
Wir haben ihm seine Sachen gegeben und mit den Vernehmungen begonnen. Er legte ein Geständnis ab und gestand sechs Morde und einen versuchten Mord. Die Vernehmungen gingen über eine Dauer von fünf Wochen.
Natürlich wollten wir sicherstellen, dass er uns auch die Wahrheit erzählte und sich nicht selber nach vorn bringt, nach dem Motto: „Habe ich gemacht“ und später sagt, er wäre es doch nicht gewesen.
Kurt S. hat auch zwei Taten in Essen begangen. Eines dieser Opfer wurde bis dahin nicht gefunden. Wir beschlossen, mit dieser nie gefundenen Person zu beginnen.
Wir sind mit ihm gemeinsam nach Essen gefahren. Ich kann mich gut daran erinnern, dass es wie in Strömen regnete. Aus Sicherheitsgründen war er mit einer Handfessel an meinen Arm gefesselt. Wir liefen von seiner damaligen Einrichtung mit ihm gemeinsam ca. zwei Kilometer, als er stehen blieb und sagte: „Hier ist es. Hier könnt ihr graben“.
Die Kollegen vom Erkennungsdienst fingen an besagter Stelle an zu graben und fanden tatsächlich dort die menschlichen Überreste eines der Opfer.
Nach diesem Fund begannen wir mit der gesamten Vernehmung. Dabei waren wir auch bemüht, die örtlich zuständigen Kollegen hinzuzuziehen, um das Verfahren wasserdicht zu machen.
Wie ich bereits vorher erwähnt habe, schilderte Kurt S. alle sechs Taten und einen Versuch in allen Einzelheiten. Ich kann mich besonders gut an den Fall des jungen Mannes aus Essen erinnern. Er schilderte diese Tat im Detail, wie er ihm Kopf, Arme und Beine abtrennte, weil sonst das Opfer nicht in die Grube gepasst hätte, die er zuvor ausgehoben hatte.
Mit Genehmigung des zuständigen Richters war Kurt S. für die Dauer der Vernehmungen im Polizeigewahrsam untergebracht. Er war sozusagen Ausgeantwortet. Das ist ein Begriff aus dem Strafvollzugsgesetz. Grund dafür war, dass er nicht täglich hin und hergefahren werden musste.
Als er am Ende der Vernehmungen merkte, dass er zurück in die Untersuchungshaft musste, versuchte er uns mit Aussagen auszutricksen, indem er behauptete „Ja, vielleicht habe ich doch noch was gemacht“.
Wir haben damals ernsthaft überlegt, ob ich gemeinsam mit ihm in die U-Haft gehe, um vielleicht noch etwas von ihm zu erfahren. Dieser Vorschlag wurde natürlich vom Richter abgelehnt. Wenn er zugestimmt hätte, wäre ich mit ihm in die Zelle gegangen.
Wir waren uns allerdings damals schon sicher, dass die sechs Taten und der eine Versuch alles war. Mehr hat er nicht gemacht.
Das war damals mein spektakulärster Fall.
Übrigens habe ich zu ihm heute noch Kontakt und besuche ihn hin und wieder.

Ein anderer spektakulärer Fall war der Mord an einer ganzen Familie in Willich.

Es erreichte uns ein Anruf, dass wir nach Willich fahren sollten. Dort läge eine Familie in der Wohnung. Nachbarn hatten aufgrund des Geruchs aus der Wohnung der Familie die Polizei informiert. Als wir am Tatort ankamen, war ein Riesenauflauf auf der Straße. Kollegen der Schutzpolizei, Krankenwagen, alles war vor Ort. Als wir die Wohnung betraten, sah es aus, wie auf einem Schlachtfeld. Alles, wirklich alles war voller Blut.
Und tatsächlich wurde in der Wohnung der Vater, die Mutter und zwei kleine Kinder fürchterlich zugerichtet aufgefunden.

 

Was war passiert?

Im Jahre 1977 flüchteten Herr und Frau Ngo nach dem Vietnamkrieg in einem Holzboot von Vietnam nach Malaysia. Nach zwei Jahren in einem Flüchtlingslager erhielten sie in Deutschland Asyl und kamen nach Willich. Herr Ngo arbeitete zunächst als Koch in einem Kölner Restaurant, später in einem Lokal in Krefeld. Für uns stellte sich bald heraus, dass Täter und Opfer sich kennen mussten und es sich bei den Tätern ebenfalls um Vietnamesen handeln könnte. Auch stellte das Motiv der Tat eine Frage für uns dar. Anfangs gingen wir von einer politisch motivierten Straftat aus, zogen aber später auch einen Raubmord in Betracht.
Ein großes Rätsel gab uns auch eine rätselhafte Blutspur auf, die auf dem Oberkörper der ermordeten Frau gefunden wurde. Es waren die Worte „Thuan AC“. Thuan ist ein Vorname. Übersetzt bedeutet es: „Thuan ist böse“.
Ermittlungen über das Ausländeramt ergaben, dass eine Spur zu einem ehemaligen Kollegen des Herrn Ngo aus seiner Zeit im Kölner Restaurant führte. Dieser Thuan lebte nun in Aachen. Er wurde festgenommen, allerdings konnte ihm nichts nachgewiesen werden. Durch diesen Mann kamen wir allerdings einer dritten Person auf die Fährte.
Zu jener Zeit gab es in diesem Kölner Restaurant noch einen dritten Koch, der mit dem Opfer zusammengearbeitet hatte. Hierbei handelte es sich um Herrn L., der allerdings inzwischen in Paris lebte.
Diese Spur führte mich und drei weitere Kollegen der Soko nach Paris. Von der französischen Polizei erhielten wir die volle Unterstützung. Schnell war der Aufenthaltsort ermittelt und gemeinsam mit Spezialkräften der französischen Polizei wurde dieser L. festgenommen. Er wurde in seiner Wohnung mit Frau und Kind angetroffen.
Ich habe vorhin schon von der guten gemeinsamen Arbeit in der Kommission gesprochen. Obwohl der Täter versuchte, alle Spuren in der Wohnung zu beseitigen, fand unser Erkennungsdienst bei der Spurensuche einen Fingerabdruck auf der Rückseite einer Flasche.  Das war eine Spitzenleistung, denn nur auf Grund dieses Abdrucks konnten wir dem Täter die Tat nachweisen.
L. gestand den Vierfachmord an der Familie Ngo. Als Motiv für seine Tat gab er Spielschulden in Höhe von 30.000 Mark an. Am 03. April 1982 hatte er die Ngos besucht, um sich Geld von ihnen zu leihen. Er traf zunächst die Frau und die Kinder in deren Wohnung in Willich an. Als Frau Ngo seine Bitte ablehnte, brachte er sie und beide Kinder um. Als der Mann von der Spätschicht nach Hause kam, tötete er auch ihn mit einem Küchenbeil.
Im April 1983 wurde der Fall vor dem Schwurgericht in Krefeld verhandelt. In der Verhandlung konnte auch das Rätsel der rätselhaften Blutspur geklärt werden. Der Mörder hatte den Finger der Toten in ihr eigenes Blut getaucht und ihr die Worte auf das Shirt geschrieben, um eine falsche Fährte zu dem Kollegen in Aachen zu legen.
L. erhielt vor dem Schwurgericht Krefeld viermal Lebenslänglich. Er verbüßt seine Strafe in Frankreich.

Ich habe noch einen dritten Fall, den ich auf Grund seiner Tragik erwähnenswert finde.

In einer regnerischen Nacht im Frühling erhielt die Polizeileitstelle in Viersen einen Notruf. In diesem Telefonat, hörte der Beamte der Leitstelle nur leise Hilferufe und Schritte. Der Anrufer war nicht mehr in der Lage, seinen Namen zu nennen. Erst durch die Rückverfolgung war es möglich diesen Tatort zu verifizieren.
Wie sich später herausstellte, hat das Opfer dieser Gewalttat noch versucht, mit dem Handy Hilfe zu holen. Allerdings wurde die junge Frau vom Täter eingeholt und getötet.
Der Beamte hörte quasi nur noch das Ende dieses Mordes und die Schritte des Täters, der sich schnell vom Tatort entfernte.
Doch wie kam es zu dieser schrecklichen Tat?
Der 23jährige Alex R. war in einer festen Beziehung mit der gleichaltrigen Marion G. in einem Ort an der holländischen Grenze. Ihr Plan war es im Sommer zu heiraten.
Auf einem Volksfest lernte er die 29jährige Petra J. kennen, die mit ihrer 75jährigen Mutter im gleichen Ort wohnte. Mit Petra kam es einmalig zu Intimitäten. Petra wurde schwanger und hoffte, dass Alex sie heiraten und mit ihr eine Familie gründen würde.
Doch Alex liebte seine Marion und war fest entschlossen, sein Versprechen zu halten. Er hatte sich vorgenommen, ein Gespräch mit Petra zu führen, und ihr die Pläne einer gemeinsamen Ehe auszureden.
Dieser Interessenkonflikt brachte Alex völlig aus der Bahn. Petra verlangte von ihm, seine Verlobung mit Marion aufzulösen und sich von ihr zu trennen. Er wusste keine Lösung und vertraute sich mit seinen Problemen niemandem außer Petra an.
An diesem regnerischen Freitagabend fasste er den Entschluss, sie aufzusuchen und ihr mitzuteilen, dass er sich entschlossen hatte, bei Marion zu bleiben und sie wie geplant im Sommer zu heiraten.
Als er ihr dies mitteilte, kam es in dem kleinen Einfamilienhaus zu einer lautstarken verbalen Auseinandersetzung.
Durch den enormen Lärm wurde die im Obergeschoss schlafende 75jährige Mutter von Petra wach. Sie stand an der Treppe und wollte wissen, was los sei.
Alex griff in der Küche nach einem Messer, rannte die Treppe herauf und stach damit völlig außer sich immer wieder auf die Frau ein, bis sie schwieg.
Petra flüchtete völlig fassungslos aus dem Haus, und rannte mit ihrem Handy in der Hand zu einem Nachbarhaus, um Hilfe zu holen.
Alex bemerkte ihre Flucht und rannte hinter ihr her. Sie bemerkte dies und versuchte, wieder in das eigene Haus zurückzukehren. Dabei lief sie ihm in die Arme. Er stach sofort auf sie ein, zog sie in das Haus zurück und brachte sie dort letztendlich um. Anschließend entfernte er sich vom Tatort.
Petra gelang es noch in ihrer Not, den Notruf zu wählen und um Hilfe zu bitten.

Wie die Rechtsmedizin später feststellte, stach er 45mal auf die schwangere Petra und elfmal auf ihre Mutter ein.

Schnell war die Polizei am Tatort. Bei der Tatortsicherung konnten wir Bluttropfen vom Tatort bis zum Ortsausgang feststellen.
Die Mordkommission ermittelte relativ zügig die Personalien dieses jungen Mannes, suchten seine Wohnanschrift auf und nahmen ihn fest.
Hier hatte ich ein besonderes Erlebnis.
Ich stand noch im Haus des Täters, als der Vater von ihm nach Hause kam. Er schaute mich an, und fragte:
„Haben Sie den Täter jetzt ermittelt?“
„Ja“, antwortete ich kurz.
„Wer ist es denn?“
„Ihr Sohn“, war natürlich meine Antwort.
Wir standen uns in diesem Moment genau gegenüber. Dabei hatte ich den Eindruck, als würde er aus seiner Person heraustreten.  Durch diesen Schock stand er förmlich neben sich und war nicht mehr in der Lage, die Realität wahrzunehmen.
Ich erkläre es mir so, dass sein Sohn ein unbescholtener junger Mann war und noch niemals mit der Polizei etwas zu tun, geschweige eine Straftat begangen hatte.
Dieser Konflikt, in den er geraten war, hatte ihn offensichtlich dermaßen in Panik versetzt, dass er Mutter und Tochter auf so furchtbare Weise umbrachte.

Wie sind deine Frau und deine Familie damit umgegangen, dass du nur selten zuhause warst?

Meine Familie, insbesondere meine Frau Helga, hat mir immer den Rücken freigehalten.
So fällt mir ein, dass ich nach einem Arbeitstag zu einer normalen Zeit nach Hause kam. Ich denke, es war so 17.00 oder 18:00 Uhr.
Zu diesem Zeitpunkt war mein Sohn etwa drei oder vier Jahre alt.
Wenn Kommissionen liefen, war es gewöhnlich so, dass man frühmorgens das Haus verließ und spätabends erst wieder nach Hause zurückkehrte.
Als ich in diesem Fall nach Hause kam und die Haustüre öffnete, begrüßte mich mein Sohn ganz überrascht und fragte: „Papa, wo wohnst du jetzt“?
Ich sprach mit meiner Frau darüber. Sie lachte und gab an, dass es nie ein Thema gewesen wäre und hätte auch nie mit ihm darüber gesprochen.
Später habe ich mir gedacht, was wohl in dem Kopf des Jungen vorgegangen sein mochte, dass er sich bereits in diesem Alter solche Gedanken machte.

Es kam auch vor, dass nach strapazierenden Tagen im Dienst meine Nerven am Boden lagen, ich gereizt war und man mir meinen Gemütszustand offensichtlich ansehen konnte. Natürlich kannte mich meine Frau und sah es mir sofort an. In solchen Fällen nahm sie den kleinen an die Hand und sagte nur kurz: „Ich gehe mit dem
Kleinen noch mal eine Runde spazieren, bis später.“
Sie wusste ganz genau, dass ich eine gewisse Zeit benötigte, um wieder herunterzukommen.
Ich muss hier ganz klar feststellen, dass ich ohne die Unterstützung meiner Frau und später auch die meines Sohnes alles gar nicht in dieser Form hätte schaffen können.
Natürlich gab es auch in unserer Familie Meinungsverschiedenheiten. So war meine Frau erfolgreich in ihrem Beruf und hätte diesen auch gerne weiter ausgeübt. Wir waren zwölf Jahre ohne Kind, hatten uns aber darauf geeinigt, dass die Mama zuhause bleibt, wenn sich Nachwuchs einstellt.
Wie selbstverständlich hat sie ihre berufliche Karriere beendet und sich ausschließlich um unser Kind gekümmert. Ich möchte behaupten, sie hat die Erziehung mindestens zu 90 Prozent übernommen, weil ich beruflich bedingt die meiste Zeit nicht verfügbar war.
So möchte ich noch erwähnen, dass man Sohn in Australien studiert hat und heute als Dozent an der Universität in Aachen arbeitet. Meine Frau und ich sind zu einer Vorlesung von ihm gefahren, und haben an einer Vorlesung von ihm teilgenommen.
Wir saßen im Auditorium und hörten dem Vortrag unseres Sohnes zu.
Meine Frau war ganz vertieft und schaute mich überrascht an, als ich sie kurz mit dem Ellenbogen anstieß und sagte: „Helga, guck mal dort unten, dies ist alles dein Werk, deine Erziehung und deine Geduld“.
Sie begann zu weinen. In diesem Augenblick wurde ihr offensichtlich deutlich, was sie in der gesamten Zeit geleistet hat.

Was ist deine Lebensphilosophie?

Leben – und Leben lassen!

Welche Werte sind für dich wichtig?

Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Offenheit.

Erzähle uns eine lustige Episode aus deinem Leben.

Ich war lange Jahre stellvertretender Dienststellenleiter. Wir saßen eines Tages mit den Kollegen unserer Dienststelle in einer Runde zusammen. In diesem Gespräch habe ich scherzhaft gesagt: „Sollte ich jemals Chef in dieser Dienststelle werden, wird hier ein eisiger Wind wehen!“
Einige Jahre später wurde ich zum Dienststellenleiter ernannt
Als ich am ersten Arbeitstag morgens in die Dienststelle kam und in den Besprechungsraum zur Frühbesprechung ging, erwarteten mich alle Kollegen mit dicker Jacke, Wollmütze, Schal und Handschuhen.
„Jetzt kann der eisige Wind kommen!“, tönte es mir unisono entgegen.
 Anschließend ein riesiges Gelächter und Applaus.

Was sind die drei Dinge, die mit auf die Insel müssen?

Meine Frau Helga, die Familie unseres Sohnes und sehr viel zu lesen.

Verrätst du uns dein Lieblingsgericht und das Rezept dazu?

Ich esse sehr gerne Bohnensuppe. Niemand macht eine bessere Bohnensuppe als meine Frau Helga.

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