Seit vier Generationen gibt es das Bestattungshaus Helgers. Würden Sie
sich dem Leser bitte einmal vorstellen?
Das mache ich gerne. Mein Name ist Hanno Helgers. Ich bin 43 Jahre alt und seit 27 Jahren in unserem Familienunternehmen beschäftigt. Ich leite das Bestattungshaus Helgers, den Saal und das Café
ZeitRaum in Lobberich sowie die Bestattungshäuser Hauser in Kaldenkirchen und Brüggen. Seit vier Generationen haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, den Familien und Angehörigen der Verstorbenen
in ihren schweren Stunden und Tagen hilfreich zur Seite zu stehen.
Ihr Großvater war Schreinermeister und hat das Bestattungsunternehmen aufgebaut. Wächst man in diesen Beruf automatisch rein?
Mein Urgroßvater hat 1927 die Schreinerei und das Bestattungsunternehmen gegründet. Ich bin als kleiner Junge schon mit ihm bei Überführungen mitgefahren und auf diese Weise schon von
Kindesbeinen in diese Arbeit hereingewachsen. Ende der 90er Jahre habe ich mich verstärkt im Ausland umgesehen bzw. informiert. Inspiriert durch diese Erfahrungen entstand das heutige
Bestattungsunternehmen mit eigenen Abschiedsräumen und einer Kapelle direkt am Haus. Seinerzeit absolutes Neuland im Kreis Viersen und darüber hinaus. Mit den Jahren haben meine Frau Kerstin und
ich immer wieder alles modernisiert. 2007 haben wir das Bestattungshaus Hauser in Kaldenkirchen übernommen und 2013 das Bestattungshaus Hauser in Brüggen gegründet. 2015 ergab sich die Übernahme
der ehemaligen Gaststätte Boos-Stiels in Lobberich. Nach Sanierung, Renovierung und Namensänderung in Saal und Café ZeitRaum bieten wir dort Beerdigungskaffees und Trauerfeiern an.
Gibt es eine besondere Ausbildung zum Bestatter?
Seit einigen Jahren besteht die Möglichkeit, eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft zu machen. Das Ausbildungszentrum liegt im unterfränkischen Münnerstadt.
Werden bei Ihnen mehr Erd- oder Feuerbestattungen in Auftrag gegeben?
In den letzten Jahren hat sich die Feuerbestattung gegenüber der traditionellen Erdbestattung durchgesetzt und liegt bei circa 60 Prozent. Ein Grund hierfür sind bestimmt die alternativen
Grabarten.
Sind Sie eher Seelsorger oder Handwerker?
Wir sehen uns als Dienstleister und Seelsorger. Wir organisieren für die Angehörigen, wenn gewünscht alles. Wenn die Familie nach dem Trauergespräch unser Haus verlässt, ist alles geregelt und
organisiert, von der Terminierung der Bestattung, An- und Abmeldungen bei den Behörden, Ämtern, Rente, dem eigenen Trauerdruck bis zum Beerdigungskaffee.
Was ist die größte Belastung in Ihrem Beruf?
Die größte Belastung ist, dass wir 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr erreichbar sind. Die Welt wird immer schnelllebiger. Doch die Digitalisierung ist bei Ämtern und Kommunen noch nicht
angekommen. Dadurch werden Arbeitsabläufe und Organisation erheblich verlangsamt.
Wie hat sich das Geschäft über die Zeit verändert?
Noch vor beiden großen Kriegen hat mein Opa den Sarg noch mit der „Treck-Kar“ durch den Ort gefahren. Die Organisation einer Beerdigung wurde noch überwiegend von den Angehörigen und den Nachbarn
übernommen. In den 50er Jahren hat mein Großvater den ersten Bestattungswagen in Nettetal gehabt.
Mittlerweile organisiert unser Unternehmen dies alles mit modernster Technik und in Absprache mit der Familie.
Welche Fähigkeiten zeichnen Sie als Bestatter aus?
Organisationstalent, Empathie, Geduld und Kreativität.
Wie wird man von der Bevölkerung mit dem Beruf wahrgenommen?
War der Tod und das, was mit ihm zu tun hat, bis vor einigen Jahren überwiegend tabu, interessieren sich heutzutage immer mehr Menschen für diesen Beruf und das, was damit zusammenhängt.
Wie verarbeiten Sie den Anblick und Kontakt mit den Verstorbenen? Kommen da nicht auch Ekel- oder Mitleidgefühle hoch?
Sicherlich ist nicht alles schön, was man in diesem Beruf zu sehen bekommt. Dafür ist der Dank der Angehörigen an uns um so schöner, wenn alles nach ihren Wünschen durchgeführt wurde. Mitleid
nein, denn das hindert einen mit klarem Kopf zu arbeiten, Mitgefühl ist aber zwingend nötig, um die Wünsche der Angehörigen erfüllen zu können.
Was macht es mit Ihrem Leben, jeden Tag mit Tod und Traurigkeit umgehen zu müssen?
In unserem beruflichen Leben als Bestatter nehmen wir alles sehr ernst, sind diskret und seriös. Es gibt aber auch ein Leben neben dem Beruf als Bestatter und da darf auch mal gelacht und etwas
gefeiert werden.
Was sind die Dinge, die Sie an Ihrem Beruf nicht mögen?
Das Einzige was ich an meinem Beruf nicht mag ist, wie bereits erwähnt, dass die Städte und Kommunen in Deutschland kaum bis gar nicht digitalisiert sind und wir im 21. Jahrhundert immer noch
persönlich mit einem Stück Papier von einem Ort zum anderen fahren müssen, um Sterbeurkunden zu beantragen, obwohl es ein Leichtes wäre, diese Ämter miteinander zu vernetzen und die Daten
verschlüsselt austauschen zu können.
Wie schalten Sie zu Hause ab?
Bei meiner Familie, im Garten und beim Motorradfahren.
Was versteht man unter digitalem Nachlass?
Der digitale Nachlass ist zum Beispiel ein Facebook-Account, Twitter- und EBay-Konten vom Verstorbenen im Internet. Inzwischen gibt es Firmen, die sich im Auftrag der Angehörigen damit
beschäftigen, diese zu löschen bzw. zu sichern.
Ein Trauerfall ist für Nahestehende eine Ausnahmesituation. Wie finden Sie Ihre Rolle in Umständen wie diesen?
Wir sehen uns als Vermittler und Moderator für die Angehörigen und stehen stets als Ansprechpartner zur Verfügung. Allerdings bleiben wir immer diskret im Hintergrund.
Die meisten Menschen erleben, Gott sei Dank, nicht so oft einen Todesfall. Ist das Sterben nach vielen Jahren als Bestatter für Sie noch etwas besonders?
Der Tod eines Menschen ist immer ein besonderes Ereignis, im besonderen Maße aber für denjenigen, der einen ihm nahestehenden Menschen verloren hat.
Welche Sterbefälle gehen Ihnen sehr nahe?
Trauerfälle im Freundes- oder Bekanntenkreis und wenn Kinder betroffen sind.
Leben Sie durch Ihre Arbeit bewusster?
Wir versuchen bewusster zu leben, aber der Alltag und das Schnelllebige lässt es dann doch meist nicht zu.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Weiterhin innovativ, nachhaltig und geradlinig die Unternehmensstruktur ausbauen.
Was denken Sie ist Ihre Berufung im Leben?
Das wir Menschen in Ausnahmesituationen helfen und unterstützen.
Welche Werte sind für Sie wichtig?
Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Vertrauen.
Was bringt Sie zum Lachen?
Da bin ich nicht so anspruchsvoll. Mir reicht Markus Krebs.
Erzählen Sie dem Leser eine kuriose oder lustige Geschichte aus Ihrer langjährigen Tätigkeit.
Kurios ist in der Tat, dass immer wieder viele Menschen der Meinung sind, dass Kremierungssärge nicht mit kremiert werden, sondern wiederverwendet werden, oder dass Verstorbene nicht einzeln
kremiert werden.
Was sind die drei Dinge, die mit auf die Insel müssen?
Eigentlich nur meine Familie. Man braucht nichts, außer den Menschen, denen man wichtig ist und die einem wichtig sind. Alles Weitere ergibt sich dann. Die Sache mit der Insel, ist also ähnlich
wie die mit dem Tod. Das letzte Hemd hat keine Taschen.
Verraten Sie dem Leser für den Blog Ihr Lieblingsgericht?
Ja gerne, tatsächlich habe ich viele Lieblingsgerichte. Allerdings liebe ich es, wenn wir mit dem Motorrad unterwegs sind unterwegs eine leckere Currywurst zu essen.
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