Als Meisterkonditor, WDR-Backexperte und Autor ist Marcel Seeger weit über die Grenzen des Niederrheins bekannt. Er backt in der eigenen Backstube und bietet seine wunderbaren Torten im eigenen Café an. Jeden Freitag präsentiert er seinen rund 450.000 Zuschauern der der WDR-Show „Hier und heute“ eindrucksvolle Backkunst. Im Talk spricht er über seinen Alltag in der Konditorei, seiner Tätigkeit als WDR-Backexperte und gibt Einblicke in sein neues Buch „Meine Lieblingskuchen“.
Herr Seeger, Sie führen seit vielen Jahren das Café Seeger in Lobberich. Würden Sie sich dem Leser bitte einmal vorstellen?
Mein Name ist Marcel Seeger, Baujahr 1964. Ich bin gelernter Konditormeister und führe zusammen mit meiner Frau Ulrike seit 1998 in der vierten Generation dieses Geschäft.
Das Café Seeger gibt es nun schon seit 128 Jahren. Was würden Sie sagen: Was macht Ihr Erfolgsrezept aus?
Unser Erfolgsrezept ist unsere gleichbleibend gute Qualität, der wir seit Generationen treu geblieben sind und das wir gleichzeitig innovative neue Ideen aufnehmen. Unsere Familienhistorie zeigt, dass es immer Auf und Abs bedingt durch Weltkriege, Wirtschaftskrisen und sonstige Dinge gab. Aber im Hause Seeger ist man der Qualität stets treu geblieben. Das war auch die Prämisse meines Großvaters und Vaters. Sie haben immer gesagt, du kannst lieber noch ein bisschen Butter und etwas mehr Sahne reingeben, damit es gut schmeckt. Fang nicht an, an der Qualität zu drehen, sodass die Leute sagen, es schmeckt nicht mehr wie früher. Das ist das Schlimmste, was passieren kann.
Ein großes Erfolgsrezept ist neben persönlichem Einsatz das Glück, die richtige Partnerin an seiner Seite zu haben, denn ohne die große Unterstützung meiner Frau Ulrike, könnte ich viele Dinge nicht realisieren.
Was finden Gäste in Ihrem Café, was sie in anderen Häusern nicht bekommen?
Also zunächst einmal Service, Freundlichkeit, qualifiziertes Personal, das auch Auskunft geben kann über das, was sie tun und was sie verkaufen. Dann natürlich die Qualität in der Ware, die wir bieten und ich denke auch die Atmosphäre, die wir haben. Also keine ungemütlichen Stühle oder grelle Farben. Wir haben Wohlfühl-Ambiente und das ist das, was die Leute suchen. Das sie sich in einer gepflegten Atmosphäre vernünftig austauschen können, dass sie Freude haben am Genuss bei uns im Hause und dass sie freundlich empfangen und verabschiedet werden. Das man sich einfach wohlfühlt. Das ist wichtig.
Sie haben sich im Fernsehen als Konditormeister und Backexperte einen Namen gemacht. Wie ist es zu diesem Erfolg gekommen?
Vor einigen Jahren war der WDR mit der Aktuellen Stunde und auch der Lokalzeit in unserem Haus und hat gedreht. Ich habe Spaß an dieser Arbeit gefunden, mich kurzerhand beim WDR beworben und bekam nach einer Vielzahl von Bewerbungen eine Einladung zu einem Casting im Funkhaus in Düsseldorf. Das war noch bei der Vorgängersendung „daheim+unterwegs“. Man hat mich dort in die Küche gestellt und ich musste mit verschiedenen Moderatoren hintereinander den gleichen Kuchen backen. Offensichtlich war ich nicht untalentiert und man bot mir an, mich zunächst als „Springer“ einzusetzen. Ich habe es dann zwei Mal gemacht und man fragte mich, ob ich nicht 6 Mal im Jahr tätig sein möchte. Natürlich habe ich mich darüber gefreut und es angefangen. Dann hieß es: „Sie machen es wirklich gut, Sie kommen sympathisch rüber, könnten Sie auch 12 Mal im Jahr für uns backen?“ Klar habe ich das gemacht, war doch keine Frage. Nach dem 4. oder 5. Mal wurde ich zum Chef gerufen. Er sagte mir, dass man sehr zufrieden sei und die Zuschauerquoten hervorragend wären und er bot mir ein eigenes Konzept in der Sendung an. So kam es dann zu dem Format „Sie kriegen`s gebacken“ bei „daheim+unterwegs“. Hier ging es darum, dass ich jeden Monat 3 eigene Rezepte vorstellte, aus denen die Zuschauer per Internet-Voting einen Sieger wählten. Diesen Kuchen habe ich dann in der kommenden Sendung live gebacken. Das ist über 4 Jahre sehr gut gelaufen und ich habe über 100 Tortenvorschläge gemacht. Das war also schon recht stramm. Anfang 2017 gab es dann eine Veränderung. Die Sendung wurde in dieser Form nicht mehr fortgesetzt. Das neue Format hieß „Hier und Heute“ und kam nicht mehr aus Düsseldorf, sondern aus Köln. Das brachte Unruhe und natürlich war die Überlegung da, wer übersteht diesen Wechsel? Welche Moderatoren werden übernommen, wie ist das neue Konzept, wie viel Experten gibt es noch? Doch eines schönen Tages bekam ich einen Anruf vom Chef persönlich. Er teilte mir mit, dass man sich entschlossen habe, backen wie bisher freitags zu machen, allerdings wöchentlich und das mit mir. Da habe ich mich natürlich riesig drüber gefreut, ist doch klar, wenn man solch ein Vertrauen bekommt für eine neue Sendung.
Im Juli 2017 ging es los mit „Hier und Heute“ und seit diesem Zeitpunkt bin ich jeden Freitag live auf Sendung und mache die Lieblingsrezepte der
Zuschauer. Wir haben super Quoten in der Sendung. Wenn ich backe, haben wir je nach Jahreszeit zwischen 150 und 450 Tausend Zuschauer bundesweit für dieses Format.
Als weiteres Betätigungsfeld bin ich mittlerweile im Profi-Team des Backduells in der Lokalzeit am Wochenende unterwegs. Die ersten Folgen sind schon gelaufen und ab Juni bin ich wieder zum Dreh im Studio und dann gibt es die Folgesendungen. Die Lokalzeit am Samstag hat ungefähr 1 Million Zuschauer. Das ist auch ein sehr starkes Format geworden.
Was ist der kurioseste Kuchen, den Sie je gebacken haben?
Das Kurioseste was ich gemacht habe, war ein aus weißer Schokolade geschnitztes Kniegelenk für das Krankenhaus in Lobberich. Vor Jahren wurde ein Arzt verabschiedet, ich weiß nicht, ob es der Chefarzt war, ich kann mich nicht mehr erinnern. Aber die Kollegen aus seinem Team wollten ihm ein unvergessliches Abschiedsgeschenk machen, kamen mit einem Plastikmodell eines Kniegelenks und fragten, ob ich nach dieser Vorlage ein Gelenk aus Schokolade modellieren könnte.
Diese Herausforderung habe ich angenommen und habe ein Knie aus weißer Schokolade geschnitzt. Es sah dem Original zum Verwechseln ähnlich. Das Kuriose daran war, dass bei der Übergabe der Überraschung der Knochen brach. Die Ärzte versuchten den Bruch mit Nägeln und Schrauben zu stabilisieren, so wie es auch bei einer OP gemacht wird. Das ist dann aber misslungen. Man hat mir das Gelenk zurückgebracht und fragte, ob ich es noch einmal zusammensetzen könnte. Das habe ich natürlich wieder gemacht. Sie können sich vorstellen, was das für ein Gelächter gab. Die Arbeit war wirklich gut gelungen, sodass man genau schauen musste, welches das Original und welches das Modell aus Schokolade war.
Herr Seeger, Sie hatten ein Buch in Vorbereitung. Was ist daraus geworden?
Im Oktober 2019 ist dieses Buch erschienen gemeinsam mit dem LV-Verlag in Münster und der „WDR mediagroup“. Man kann also ohne rot zu werden behaupten, dass es ziemlich gut eingeschlagen ist. Alle beteiligen Parteien sind mit den Verkaufszahlen sehr zufrieden, was den Verlag zu der Überlegung gebracht hat, ein weiteres Buch herauszubringen. Das ist aber noch nicht konkret.
Können Sie mehr zu dem Buch erzählen?
Natürlich. Das Buch heißt: "Meine Lieblingskuchen" und umfasst 144 Seiten. Darin befinden sich etwa 50 Rezepte der Zuschauer, die ihren Rezeptvorschlag dem WDR eingesendet und die wir life im Fernsehn gebacken haben. Diese sind vesehen mit meinen Tipps, Kniffen und Verbesserungen, so dass sie für jedermann geeignet sind, die sehr schönen Kuchen mit Hilfe des Buches zu Hause umzusetzen.
Warum ist die „WDR mediagroup“ mit beteiligt?
In diesem Fall muss die „WDR mediagroup“ mit im Boot sein, weil ich sonst die Logos des WDR und der
Sendung, sowie die Bilder aus dem Sender nicht verwenden darf. Deshalb ist dies wichtig. Die „WDR mediagroup“ hatte ein großes Interesse daran mit dem Landwirtschaftsverlag (LV-Verlag) ein Buch
zu machen, weil bekannt ist, dass dieser Verlag sehr hochwertige Bücher in Text und Bild macht. Letztendlich passte es wie die Faust aufs Auge, dass diese drei Partner dieses Buch gemacht
haben.
Wo kann man dieses Buch erwerben?
Das Buch kann in jeder Buchhandlung oder im
Internet für einen Preis von 18 Euro erworben werden. Es gibt auch Exemplare bei mir im Geschäft. Wer es wünscht, erhält natürlich auch eine persönliche Signatur in das Buch.
Wie ist es Ihnen während der Corona-Pandemie ergangen?
Diese Corona-Krise ist natürlich ein einschneidendes wirtschaftliches Ereignis für alle Wirtschaftsbereiche. Da unser Betrieb zur Grundversorgung gehört, hatten wir das Glück, dass wir unseren
Verkaufsbereich und unseren Eisverkauf aufrechterhalten konnten. Wir mussten lediglich das Café schließen. Da wir eine sehr gut strukturierte und durchdachte Kostenstruktur besitzen, haben wir
bis jetzt diese Krise gut überstehen können, zumal wir den Eindruck hatten, dass sich viele Leute auch gerne einmal etwas Leckeres nach Hause holen und es dort genießen. Davon haben wir
profitiert.
Sie sind seit 12 Jahren Backexperte des WDR-Fernsehenes. Erzählen Sie dem Leser davon. Ist das zusätzlicher Stress oder macht es Ihnen Spaß, vor der Kamera zu
backen?
Im Prinzip ist jede Sendung für mich wie ein Tag Urlaub in der Woche. Warum? Weil es eine ganz andere Arbeit ist, als das, was ich im Alltag produziere und herstelle. Es ist schon ein besonderes
Gefühl, wenn man im Studio steht, die Scheinwerfer gehen an und der Moderator steht neben einem und man weiß, jetzt geht es los. Das ist so ähnlich wie eine erste Fahrt auf der Achterbahn. Man
weiß nicht, was auf einen zukommt. Die Bahn fährt den Hügel hinauf und plötzlich geht es in einer Schussfahrt nach unten. Das ist schon eine interessante Erfahrung, weil keine Sendung gleich
verläuft. Es sind andere Gäste da, man begegnet sehr interessanten Menschen, die aus den Medien bekannt sind und mit denen man unter normalen Umständen nie in Kontakt kommen würde. Immer wieder
ist die Stimmung anders, die Moderatoren sind anders drauf. Es ist eine besondere Spannung in der Luft, bevor so eine Sendung beginnt. Das ist vielleicht auch der Reiz, der dies für mich
ausmacht. Es ist auch eine Herausforderung, immer wieder zu bestehen, ein Rezept optimal umgesetzt zu haben. Auch ist es schön, wenn die Gedanken, die man sich im Vorfeld gemacht hat, um 18 Uhr
zur Wirklichkeit geworden sind. Dann freut man sich, wenn es gelaufen ist, wie an einem roten Faden. Alle sind zufrieden. Die Zuschauer zu Hause haben eine tolle Anleitung zum Backen, der
Moderator, die Redaktion und die Regisseurin sind zufrieden. Und nicht zuletzt bin ich auch glücklich, dass alles gut verlaufen ist, was ich in dem Moment geleistet habe. Die Reaktionen in den
sozialen Medien bestätigen dies, weil die Leute berichten, dass ich alles freundlich, emphatisch und natürlich rüberbringe. Ich denke, es ist das Geheimnis des Erfolges, das man nicht aufgeregt
ist, wenn einem 450.000 Menschen beim Backen zuschauen. Wichtig ist auch, dass man nicht abhebt, nur weil man denkt, man sei jetzt im Fernsehen.
Was bringt positive Energie in Ihr Leben?
Positive Energie gibt mir das Zusammensein mit meiner Frau Ulrike und meiner Familie. Ein familiärerer Zusammenhalt und eine gute gemeinsame Kommunikation sind mir sehr wichtig, weil man daraus
Kraft schöpfen kann für Momente, die vielleicht nicht zum lachen sind.
Welche Werte sind für Sie wichtig?
Für mich sind Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Ehrlichkeit ausgesprochen wichtige Komponente.
Was bringt Sie zum Lachen?
Ein guter Witz und freundliche und fröhliche Menschen. In unserem Freundeskreis gibt es einige davon, die einen knochentrockenen Humor haben. Darüber kann ich sehr herzlich lachen und mich dabei
auch hervorragend amüsieren und entspannen.
Ihr Terminkalender ist sicherlich voll mit Terminen. Haben Sie noch Zeit für private Aktivitäten?
Ja, habe ich. Samstags ist unser freier Tag, den meine Frau und ich meistens zusammen gestalten aber auch schon einmal unterschiedlichen Interessen nachgehen. Ich unternehme auch gerne gemeinsam
mit meinem Sohn etwas. Es bleibt schon noch Zeit für private Aktivitäten. Zwar nicht in dem Maße, wie bei jemandem, der eine Fünftagewoche und jedes Wochenende frei hat. Ich muss hier mit weniger
Zeit auskommen, aber das ist das Schicksal des Selbstständigen. Am Ende heißt es dann immer „Ständig Selbst“.
Haben Sie ein Lieblingsgericht und verraten Sie dem Leser das Rezept?
Unter den herzhaften Speisen esse ich gerne einen sehr gut gemachten Kartoffelsalat. Den kann ich quasi immer essen. Im süßen Bereich gibt es „Frozen Joghurt“ oder „Eisgrillagetorte“. Dazu gibt es
zwei Rezepte, die man auf der Mediathek des WDR unter der Seite „Hier und Heute“ abrufen kann.
Was sind die drei Dinge, die mit auf die Insel müssen?
Meine Frau, ein gutes Buch, vorzugsweise ein humoristisch geschriebenes und ein Block mit Kugelschreiber, damit ich mir immer mal Ideen aufschreiben kann, die mir für den privaten oder
beruflichen Werdegang wichtig sind oder werden könnten.
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